Gedichte über Weihnachtswünsche


Weihnachtswünsche


Das Glück der Kleinen

Hänsel und Gretel, die beiden Kleinen,
Durchwandern geschäftig Hand in Hand,
Gar emsig austauschend ihr kindlich' Meinen,
Den prächtigen neuen Christbaumstand.

Schlanken, hochragenden Tannen gehen
Die beiden mit kurzem Wort vorbei.
Jedoch vor dem niedrigsten Bäumchen stehen
Mit lauter Bewund'rung still die zwei.

Wer es doch lernte, das Glück der Kleinen,
Sich immer am kleinsten zu erfreun.
Er würde nicht glücklich nur erscheinen,
Nein, würde es auch in Wahrheit sein.

Elisabeth Kolbe

Weihnachtswünsche

Die spielenden Kleinen

(1893)

So ist die mühsam schleichende Zeit
Doch endlich vorübergegangen,
Die sorglich gezählten Tage all
Mit ihrem Hangen und Bangen.
Vom Himmel ist kommen die heilige Nacht,
Hat Licht in die Häuser und Herzen gebracht
Und Freude den Großen und Kleinen.

Der Weihnachtsglocken köstlicher Schall
Ist über die Lande geklungen,
Aus Kinderherzen ist jubelnder Dank
Und jauchzende Freude gedrungen.
Nun ward es still im trauten Gemach,
Nun hallet leiser die Freude nach
Im Herzen der spielenden Kleinen.

Wachskerzen und würziger Tannenduft
Weht durch das dämmernde Zimmer,
Aus grünem Gezweige grüßet hervor
Der Nüsse goldener Flimmer.
Allüberall blendende Herrlichkeit!
O könnte stehen bleiben die Zeit
Für meine spielenden Kleinen!

Schon hat die Mühle, getrieben vom Sand,
Die schläfrigen Flügel geschwungen,
Des fahrenden Paukenschlägers Musik
Ist lustig und hell erklungen.
Nun zeiget der nüsseknackende Mann
Geduldig die Künste, die er kann,
Den glücklich spielenden Kleinen.

Du süßes Genügen der Kindlichkeit!
Du himmlischer Weihnachtsfrieden!
O wäre doch allen zu dieser Zeit
Von dir ein Strahl beschieden!
Ein Wunsch schleicht mir ins Herz hinein:
O könnt ich zu Weihnacht noch einmal sein,
Wie meine spielenden Kleinen!

Georg Oertel


Weihnachtszauber, Weihnachtsduft

Kindheitsträume neu erblühn
Auf des Weihnachtsengels Spur,
Daß uns ihre Huld erlöse
Von des Alltagslebens Müh'n -
Sei's auch für ein Weilchen nur -
Und vom Kriegsgetöse.

Weihnachtszauber, Weihnachtsduft,
Kindheitssinn und Märchenglanz,
Ihr sollt in dem rauhen Treiben -
Das so viel mir riß zur Gruft -
Als des Heiles Blütenkranz
Unverwelkt verbleiben! -

Franz Josef Zlatnik


Der Wunschlose

Bevor die Kerzen brennen
Zur lieben Weihnachtszeit,
Heißt es bescheiden bekennen,
Womit man das Herz uns erfreut.

Doch sollte mich jemand fragen,
So wäre ich übel daran:
Ich habe kein Wünschlein zu sagen -
Ich bin ein wunschloser Mann.

Ich frag' nicht nach Silber und Golde,
Solange zufrieden ich bin:
Hab' ich nur mein Weibchen, das holde,
Und meinen heiteren Sinn;

Und ist mein Gewissen ein reines
Und bleib' ich nur rüstig und jung,
Und hab' ich ein Häuschen, ein kleines,
Und drinnen der Räume genung;

Und hab' ich im Haus einen Keller
Und drinnen ein Fäßchen mit Wein,
Und hab' ich stets Fleisch auf dem Teller
Und Kleider genügend im Schrein;

Und hab' ich am Haus eine Scheune,
Gefüllt bis zum Dache hinauf,
Und hab' ich im Stall ein paar Schweine,
Und Rößlein mit flinkem Lauf;

Und hab' ich am Haus einen Garten,
Und hab' ich am Garten ein Feld, -
Auf was sollt' ich da wohl noch warten?
Ihr Leutchen, dann pfeif ich auf Geld!

Nichts frag' ich nach Silber und Golde,
Ganz wunschlos leb' ich dahin,
Hab' ich nur mein Weibchen, das holde,
Und meinen heiteren Sinn!

Victor Band


In der Christnacht

Ein Bettelkind schleicht durch die Gassen -
Der Markt läßt seine Wunder seh'n:
Lichtbäumchen, Spielzeug, bunte Massen.
Das Kind blieb traumverloren steh'n.

Aufseufzt die Brust, die leidgepreßte,
Die Wimpern sinken tränenschwer.
Ein freudlos Kind am Weihnachtsfeste -
Ich weiß kein Leid, das tiefer wär'.

Im Prunksaal gleißt beim Kerzenscheine
Der Gaben köstliches Gemisch,
Und eine reichgeputzte Kleine
Streicht gähnend um den Weihnachtstisch.

Das Schönste hat sie längst, das Beste,
Ihr Herz ist satt und wünscht nichts mehr.
Ein freudlos Kind am Weihnachtsfeste -
Ich weiß kein Leid, das tiefer wär'.

Doch gält's in Wahrheit zu entscheiden,
Wer des Erbarmens Preis verdient -
Ich spräch': Das ärmste von euch beiden
Bist du, du armes reiches Kind!

Ottokar Kernstock


Weihnachtswünsche