Kritische Weihnachtsgedichte


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Kritische Weihnachtsgedichte Schneelied zu Weihnachten

Du trittst mich, singt der Schnee,
Mir aber tuts nicht weh:
Ich knirsche nicht, ich singe;
Dein Fuß ist wie der Bogenstrich,
Daß meine Seele klinge.
Hör und verstehe mich -:
Betreten singe ich,
Und nichts als frohe Dinge.
Denn, Die getreten sind,
Wissen, es kam ein Kind,
Gar sehr geringe,
In einem Stall zur Welt:
Das hat sein Herz wie ein leuchtendes Licht
In große Finsternis gestellt.

Es wurde zerschlagen. Verloschen ists nicht.

Otto Julius Bierbaum


Heiliger Morgen

Von den Tannen träufelt Märchenduft;
Leise Weihnachtsglocken sind erklungen -
Blinkend fährt mein Hammer durch die Luft;
Denn ein Spielzeug zimmr' ich meinem Jungen.

Graue Wolken kämpfen fernen Kampf;
Blau darüber strahlt ein harter Himmel.
Durch die Nüstern stößt den weißen Dampf
Vor der Thür des Nachbars breiter Schimmel.

Kommt Herr Doktor Schlapprian daher,
Cigaretten- und Absinthvertilger!
Voll erhabnen Hohnes lächelt er,
Hirn- und lendenlahmer Abwärtspilger.

Spöttisch grüßend schlendert er dahin
Und - verachtet mich, den blöden Gimpel,
Der gefügig spannt den dumpfen Sinn
In die Enge, ein "Familiensimpel." -

Rote Sonne überm Schneegefild:
Und das weite Feld ein Sterngewimmel!
Und ins Auge spann ich euer Bild,
Wundererde - unerforschter Himmel.

Und den frischen, kalten, klaren Tag
Saug ich ein mit gierig starken Lungen -
Pfeifend trifft mein Hammer Schlag um Schlag,
Und ein Spielzeug zimmr' ich meinem Jungen.

Otto Ernst


Und kämest Du wieder!

Und kämest Du wieder,
Kleinbübelig, arm und gerade so
Landfahrender Leute Kind im Stroh
Wie in jener alten, blitzenden Nacht,
Und es nähm' Dich ein Geißlein zuerst in acht,
Dann ein Melkbub und dann eine Hirtenmagd,
Und es hätt' in der großen, allweisen Stadt
Ein Senne, der Milch zu vertragen hat,
Dein erstes Grüßchen angesagt;
Meinst Du nicht, es klänge im alten Ton:
"Das ist ja doch nur des Zimmermanns Sohn!"

Und kämest Du wieder,
In den Zeitungen wär' beim Vermischten zu lesen:
"Eine Frau ist von einem Knäblein genesen,
Das munter wie alle Bübchen ist;
Sie aber nennen es den Heiligen Christ!" -
Und von hoher Kanzel würd' heilig gewarnt:
"Passet auf, daß der Schwindel euch nicht umgarnt!"
Und von der obersten Polizei
Kämen sicher schnauzwirbelnde zwei oder drei
Und schnarrten: "Auf allerhöchsten Befehl
Muß Euer Junge in Staatskuratel." -

Und kämest Du wieder,
Die da sitzen in Gold und Kranz und Schrift,
Die Dein Pochen um Einlaß am lautesten trifft,
Sie stopften die Ohren, sie brüllten Dich nieder,
Besudelten, schlügen Dich, kreuzigten wieder
Und stemmten sich hart aufs versiegelte Grab.
Und nur ein paar Fischer, ein paar Fabrikler,
Verschupfte und Sieche und Straßenpickler
Und die Kinder auch knieten vor Dir ab.
Doch die übrige Welt würd' nicht reiner und runder
Durch tausend Jahre und tausend Wunder.

Und kämest Du wieder!
Doch Du hast an der einen Weihnacht genug,
An einem Kreuz, woran man Dich schlug.
Man hat Dich gesehen und gehört und gefühlt
Wie eine Sonne, die brennt, wie ein Meer, das kühlt.
Und es funkelt davon und kühlet noch immer
Durch alle vielwinkligen Erdenzimmer,
So daß nur die wollenden Tauben und Blinden
Deine seligen Spuren noch heute nicht finden.
Sie sind kein zweites Christkind wert.
Ihr Los ist Christus mit dem Schwert.

Heinrich Federer


Bürgerliches Weihnachtsidyll

Was bringt der Weihnachtsmann Emilien?
Ein Strauß von Rosmarin und Lilien.
Sie geht so fleißig auf den Strich.
O Tochter Zions, freue dich!

Doch sieh, was wird sie bleich wie Flieder?
Vom Himmel hoch, da komm ich nieder.
Die Mutter wandelt wie im Traum.
O Tannebaum! O Tannebaum!

O Kind, was hast du da gemacht?
Stille Nacht, heilige Nacht.
Leis hat sie ihr ins Ohr gesungen:
Mama, es ist ein Reis entsprungen!
Papa haut ihr die Fresse breit.
O du selige Weihnachtszeit!

Klabund


Christbaumfeier

Piano, Geige: Hupf mein Mädel (forte),
Im Christbaum zucken gelblich ein paar Lichter,
Und an die Rampe tritt Kommis und Dichter
Und stottert stockend tannendufte Worte.
Man trampelt: "Bravo, Bravo" mit den Füßen
Und prostet mit den Krügen nach dem Helden,
Indem sich schon zwei weiße Fräuleins melden,
Mit "Stille Nacht" die Menge zu begrüßen.
Man säuft, man schreit, man giert und man verlost
Die Lebenslust - Rosa, unwiderstehlich,
Bringt lächelnd ihrem Buben bei (allmählich),
Daß er mich Papa ruft. - Na danke. Prost.

Klabund


Weihnachten

Liederklänge, Lichtgefunkel,
Frühling in der Winternacht,
Warum nicht in jedes Dunkel
Bahnt Ihr Euren Weg mit Macht?
Warum wollt Ihr nur der Reichen,
Der Gesunden Freude sein?
Warum fällt nicht auf des bleichen
Elends Antlitz Euer Schein? -
Erbarmt Euch der niedern, unfreundlichen Fenster
Und bannet die kauernden, finstern Gespenster
Hinweg von den Stufen!
Erbarmt Euch der Armen, der Kranken, der Bösen,
Durch Liebe und Freude die Welt zu erlösen,
Seid Ihr ja berufen! -

Oder galt des heut' Gebor'nen
Liebe denen nicht zumeist,
Die der Hochmuth die Verlor'nen
Heute so wie damals heißt? -
Die mühselig und beladen,
Lud er liebend zu sich ein,
Keiner schien ihm seiner Gnaden
Zu gering und zu gemein! -
Weh', wenn Ihr, die noch seinen Namen Ihr führet,
Vom Geist seiner suchenden Liebe nichts spüret
Tiefinnen im Herzen!
Die Lieder verklingen, bald seid Ihr im Dunkeln
Und tastet und tastet - doch nimmermehr funkeln
Euch Augen und Kerzen! -

Aber nicht in weiten, hellen
Sälen gebt der Noth ein Fest!
Ueberschreitet ihre Schwellen,
Sucht sie, die sich finden läßt!
Nicht mit edlen Gönnermienen
Sollt Ihr auf die Armen seh'n:
Eure Brüder ehrt in ihnen,
Wenn sie auch in Lumpen geh'n. -
Schaut muthig hinein in die dunkelsten Gründe
Und zittert nicht, wenn Euch die Blicke der Sünde,
Der zischenden, trafen:
In Jenen erweckte die Noth die Dämonen,
Die heimlich in jeglicher Menschenbrust wohnen,
- Die Eurigen schlafen. -

Wehe! wer da schilt und tadelt!
Aber selig, wer da liebt!
Liebe sühnt und Liebe adelt
Den, der nimmt, und den, der giebt!
Liebe kann nicht ruh'n noch rasten,
Liebe überbrückt und eint,
Bis sich finden, die sich haßten,
Und zum Freunde wird der Feind! -
Sie läßt auch das Wort, das die Engel gesungen,
Das durch die Jahrhunderte mahnend gedrungen,
Einst Wirklichkeit werden:
Wenn Keiner mehr hungert und Keiner mehr weinet
In Angst und Verzweiflung, dann endlich erscheinet
Der Frieden auf Erden! - -

Wilhelm Langewiesche


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